Dienstag, 28. März 2017

Als pures Glück und tiefe Unsicherheit sich trafen



Freude, Glück, Leichtigkeit, Unsicherheit, Angst, Verzweiflung, das sind Gefühle, die hier sehr eng aneinander liegen und sich ständig abwechseln, manchmal sogar mehrmals am Tag.
Aus meinem letzten Update ging hervor, dass ich kraftlos bin. Ich brauchte eine Pause und zwar dringend. Glücklicherweise hatte ich Anfang des Jahres bereits meine Zugtickets gebucht. So ging es für mich am Donnerstag, den 09.03 für 5 Tage nach Huthwaite, Nottinghamshire zu Gisela und Andy.
Diese Zugtickets waren quasi mein Ticket in die "Freiheit".
Die Zugfahrt war lang, aber ich habe es geschafft. Das Wetter war wunderschön und um 3pm war ich dann endlich angekommen. Nach ca. 2 1/2 Jahren war ich endlich mal wieder bei den Beightons zu Besuch. Ich wurde wie immer mit offenen Armen empfangen und aufgenommen. Ich fühle mich dort einfach jedes Mal von Anfang an wohl, geliebt und akzeptiert.
Ich habe Gisela beim Brot backen und essen machen geholfen und mich lange nicht mehr so nützlich gefühlt. Ich hatte so viel Spaß wie viel zu lange nicht mehr. Mit Joshua habe ich dann auch ein bisschen xBox gespielt, ein Rennspiel. Wer mich kennt, weiß wie schlecht ich in sowas bin, aber Joshua war nett und hat mich gewinnen lassen. Er hatte trotzdem köstlich über mich amüsiert und ich musste über mich selber lachen. So ungeschickt kann wirklich nur ich sein, aber so hatten wir alle unsere Freude und ich konnte alle Sorgen vergessen. Als ich da mit ihm auf dem Sofa saß gab es nur noch mich, den Controller und das Spiel. Und meinen Willen und meine Bemühungen nicht wie ein völliger Trottel dazustehen, leider vergebens;) aber was solls :D!
Die Beightons lieben Gesellschaftsspiele über alles, eines der Dinge, die ich dort so sehr liebe. Statt sich abends gemeinsam vor den Fernseher zu setzen sitzt man zusammen am Tisch und spielt Spiele. Ich kann gar nicht beschreiben, wie sich das für mich angefühlt hat. Auch das gemeinsame Essen am Tisch. An einem echten Tisch mit Stühlen und ohne TV. Ich hätte weinen können vor Freude. Jahrelang war das für mich selbstverständlich, seit mittlerweile sieben Monaten schon bloß leider zu einer Seltenheit geworden, dass ich nicht mehr wusste, wie wertvoll so etwas ist.
Das Interesse an meinem Leben als Au-Pair hier in England war natürlich groß und ich hatte eine Menge Fragen zu beantworten, aber es hat sich gut angefühlt.
So wurde mir dann nach dem Essen "Dog Royale" beigebracht, ein wirklich klasse Spiel, bei dem man in 2er-Teams spielt und man sehr viel denken und taktieren muss.
Am Freitag waren alle außer Haus und ich somit alleine. Andy hatte mir am Abend zuvor noch die Alarmanlange erklärt und mir morgens einen Zettel mit meinem persönlichen Code hingelegt. Mittags war ich dann bereit und wollte das Haus verlassen. Er meinte noch zu mir, dass bisher jeder mit der Anlange klargekommen sei und ich mir eigentlich keine Sorgen machen müsste. Naja, ich habe es natürlich etwas falsch gemacht und sie hat einfach nicht aufgehört zu piepen. Nach einigen Anläufen konnte ich sie aber glücklicherweise wieder ausstellen. Die ganze Aufgregung hatte allerdings zur Folge, dass ich mich erst einmal nicht mehr traute das Haus zu verlassen, ich konnte aber auch nicht den ganzen Tag dort verbringen, also startete ich einen letzten Versuch und siehe da - Es funktionierte plötzlich! Also bin ich dann mit dem Bus in die nächst größere Stadt gefahren und habe dort ein wenig geshoppt.
Am Samstag waren wir dann wieder alle zusammen und sind Nachmittags mit Andys Vater Anton zu einem etwas entfernter gelegenen "Berg" naja eher ein Hügel gefahren und waren entlang den Edges wandern. Ich habe mich selten so befreit und glücklich hier gefühlt. Diese Stunden waren einfach pure Entspannung und Genuss, die ich tatsächlich auch echt dringend gebraucht habe...
Am Sonntag ging es morgens und abends einmal in die Kirche und zum Lunch war Anton wieder da, sowie der Onkel und die Tante von Andy, die ich bis dahin auch noch nicht kannte. Wir waren also eine große Runde und es war total entspannt und schön. Joshua hatte nachmittags dann entschieden, dass ich "gut" genug bin und mit den "richtigen" Spielen anzufangen und so kämpfte ich dann plötzlich als Luke Skywalker gegen irgendwelche Baddies;)..
Montag habe ich Gisela dann für ein paar Stunden in ihrem Allotment untersützt und fleißig ihre Hecke von Unmengen an Efeu befreit. Das war zwar anstrengend, aber hat super viel Spaß gemacht und wir haben die Zeit genutzt, um ganz viel über alles mögliche zu reden. Und als wäre das noch nicht genug körperliche Anstrengung gewesen habe ich die Männer dann am Abend noch zum Badminton Training begleitet, wie Anton am Wochenende bereits beschlossen hatte. Ich war ein bisschen nervös, weil wer mich kennt weiß, dass ich eine absolute Null darin bin. Aber ich wäre keine Bartel, wenn ich mich nicht vernünftig anstrengen würde, denn schließlich ist mein Opa ein erfahrener und guter Spieler. Und zu meiner großen Überraschung war ich tatsächlich nicht schlecht. Wir wurden auch gut durchgemischt, sodass ich hauptsächlich mit und gegen fremde Leute gespielt habe. Am Ende des Tages war ich super stolz auf mich und habe mal wieder gesehen, dass ich alles kann, wenn ich nur will!
Am Dienstag musste ich dann nach ein paar wirklich wundervollen Tagen leider die Heimreise antreten. Um ehrlich zu sein wollte ich nicht gehen, ich würde alles geben, um da bleiben zu können. Aber ich musste nunmal. Ich kann nur dankbar für die Zeit sein und werde im Sommer wenn alles klappt nochmal zu Besuch kommen.
Fingers crossed! :)



Dienstag, 21. März 2017

6 Months.

H A L F - T I M E

6 Monate. 26 Wochen ohne meine geliebte Familie. Vor 184 Tagen ließ ich alles zurück, um ein neues Kapitel in meinem Leben zu beginnen und endlich meinen Traum zu verwirklichen.
Alles was ich bisher sagen kann ist, dass die letzten Monate eine krasse Achterbahnfahrt waren. Ich hatte sowohl gute, als auch schlechte Momente. Ich habe gekämpft und jetzt stehe ich hier. Habe 6 Monate, mehr als die Hälfte geschafft und gebe immernoch mein Bestes. Dennoch haben sich einige Dinge geändert und ich sehe viele Sachen mittlerweile anders...
So bin ich jetzt weniger streng als am Anfang und bin nicht mehr so fokussiert darauf, "meine Erziehungsmethoden" hier durchzusetzen. Ich denke ich habe mich einfach mit ihrer sehr lockeren Erziehung abgefunden und erlaube George deutlich mehr als am Anfang. So bleiben mir viele Nerven und Kräfte erhalten. Den ganzen Tag fernsehen und nur ungesundes Zeug essen gibt es allerdings bei mir immer noch nicht;)...
Außerdem habe ich im 6. Monat oft sehr zu kämpfen gehabt. Ich merke einfach, dass ich immer erschöpfter werde und immer kraftloser. Ich bin oft um 8 Uhr abends so erledigt, dass ich bis morgens durchschlafen könnte. Jedes Elternteil hat meinen vollsten Respekt. Ich bin oft am verzweifeln und durchdrehen, aber da muss man dann eben durch. Ich wusste ja vorher, dass das hier nicht immer Zuckerschlecken ist und das kriege ich gerade jetzt sehr zu spüren.
Ich verbringe sehr viel Zeit außerhalb des Hauses, sei es bei Nathalie, im Gym oder sonst irgendwo draußen oder eben in meinem Zimmer. Dort fühle ich mich am wohlsten und wohl auch am "sichersten". Dort kann ich mein Ding machen und bin (meistens) ungestört.. ;)

Trotz all den Rückschlägen, die ich zurückstecken musste und den Hürden, die ich nehmen musste und die ständig auf mich warten, bin ich einfach nur unbeschreiblich stolz auf mich! Ich gebe hier tagtäglich mein Bestes, kümmer mich so gut es geht um das Kind, das Haus und wenn es sein muss auch um die Tiere und das ist eben nicht einfach. Ich denke ich kann hier für alle Au-Pairs sprechen, das ist ein unbeschreiblich anstrengender und nervenaufreibender Job und wir machen das alle so gut. Wir haben sechs Monate in einer fremden Familie geschafft, sind durch Höhen und Tiefen gegangen und waren uns dabei immer gegenseitig eine Stütze. Das ist unbezahlbar!! Auf 5-6 weitere Monate. Wir packen das!!!